Edition 5 Erstfeld

Malkiste

Hans-Peter Kistler

Malkiste
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MDF-Platten,Malerleinwand
24,5 x 21 x 21 cm
1999
Fr. 2000.-

Malkiste

Hans-Peter Kistler

MDF-Platten,Malerleinwand
24,5 x 21 x 21 cm
1999
Fr. 2000.-

Ultramarin hell, Neapelgelb zitron und dunkler Ocker sind die Farbpigmente, stellvertretend für die Grundfarben Blau, Gelb und Rot, die Hans-Peter Kistler für das Objekt mit dem Titel „Malkiste“ verwendet hat. Eine Absicht seiner künstlerischen Auseinandersetzung ist das Untersuchen der Farbe als Bedingung für Malerei. Der Titel und das verwendete Material deuten darauf hin, dass Hans-Peter Kistler die Malerei mit deren Sprache - der Farbe, sowohl als Ausgangspunkt wie auch als Inhalt versteht. Obwohl er seine Malerei mit exakt geplantem, methodischem Vorgehen als eine Art Versuchsanordnung einleitet, sind es keine wissenschaftlichen Beweisführungen, die uns der Künstler vorlegt. Anlass zu den Farbuntersuchungen ist die Suche nach Voraussetzungen, die Farbe entstehen lassen. Dabei werden die Materialien der Malerei wie Bildträger, Grundierung, Farbpigmente, Malmittel, Bindemittel und Farbauftrag als Variabeln eingesetzt. Eine wichtige Konstante ist die Farbe Grau, die als farbiger Neutralpunkt der malerischen Suche angestrebt wird.

Der Begriff der „Malkiste“ erinnert mitunter an den Farbkasten, in welchem Kinder ihre ersten Erfahrungen mit der Farbe machen oder an einen Kunstmaler, der seine Farbstudien betreibt. Nicht ohne Ironie bekommen wir vom Künstler den Hinweis auf eine andere Maltradition, der Heraldik. Ist doch unter anderem im Familienwappen Kistlers tatsächlich eine Kiste aufgemalt.

Hans-Peter Kistler ging auch bei der vorliegenden Arbeit sehr strukturiert vor: In präzis definierten Mengen und in behutsam verdünntem Zustand liess er die eigens angeriebene Pigmentfarbe auf jeder Seite der Kiste abwechslungsweise verfliessen und eintrocknen. Die überzählige Menge der Farbe tränte auf der Vorderseite hinunter und hinterliess eine Streifenspur, welche durch das Drehen der Kiste bei jedem erneuten Farbauftrag eine sich überkreuzende Geflechtsstruktur hinterliess. Dieser Prozess wurde so lange fortgesetzt, bis jede der drei Farben je einmal auf jeder Seite aufgetragen wurde. Durch diese lasierenden Überlagerungen entstanden verschiedene Interferenzfarben, die je nach Betrachterstandpunkt ihre Erscheinungen wechseln können. Vor jedem neuen Farbauftrag wurde die Oberfläche leicht angeschliffen, um Unebenheiten zu vermeiden und die Haftung der Malschichten zu erhöhen. So werden wohl, zusammen mit dem freien Verfliessen der Farbe, auf den an sich monochromen Oberflächen die feinen wolkigen Einschläge entstanden sein. Durch die sich ergebende unterschiedliche Reihenfolge des Farbauftrags gibt die „Malkiste“ als Wandobjekt den Blick frei auf fünf Seiten von verschiedener Farbigkeit.

Dem natürlichen Rohstoff, dem Pigment, setzt Hans-Peter Kistler ein Bindemittel gegenüber, das ein eigentliches Hightech-Produkt darstellt, welches etwa für den Flugzeug- und Schiffsbau oder auch in der Ski- und Snowboard-Industrie eingesetzt wird: Zwei-Komponenten-Harz. Durch den Einsatz dieses, für die Malerei noch eher seltenen Materials und die Art des Auftrags erhalten die Farboberflächen einen speziellen Glanz, der an eine Verspiegelung erinnert. Es scheint, als versuchte Hans-Peter Kistler diese sich fremden Stoffe miteinander zu versöhnen. Dieser Eindruck wird durch die eigentümlich gläserne Oberfläche und die samtig-weiche Farbigkeit noch unterstützt.

Die „Malkiste“ ist aus MDF-Platten hergestellt, die mit Malerleinwand überzogen worden sind. Die Seitenflächen wurden mit einer Zink-Kreide-Mischung grundiert, die Frontseite lässt noch die rohe Leinwand erkennen. Die Masse betragen 24,5 x 21 x 21 cm.

Jürg Nyffeler