Edition 5 Erstfeld

Grappin

Fabrice Gygi

Grappin
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Stahl, Nylon-Seil ca. 10 m Seil
16,5 x 16,5 x 24 cm
2006
Vergriffen

Grappin

Fabrice Gygi

Stahl, Nylon-Seil ca. 10 m Seil
16,5 x 16,5 x 24 cm
2006
Vergriffen

Ein kleiner Bootsanker mit vier gekrümmten Spitzen oder ein Enterhaken am Ende eines Seils — ein Haken ist allein schon durch seine Definition ein agressives Objekt.

Seine inhärente Gewalt kommt noch schärfer zum Ausdruck, löst man dieses Objekt aus seinem maritimen Kontext heraus. Die durchbohrenden Spitzen der Haken nehmen Gestalt an, kein trübes Wasser lässt ihre Konturen mehr verschwimmen. Selbst im umgangssprachlichen Sprachgebrauch ist der Begriff nicht ohne Heftigkeit: «Jemanden nicht aus den Klauen lassen» («mettre le grappin sur quelqu’un») meint den anderen völlig in Beschlag nehmen, ihn zurückhalten um jeden Preis, mit jedem möglichen erdenklichen Mittel. Der Gedanke des vollständigen Beherrschens ist hier immanent.

Trotzdem: Ist ein Haken nicht auch das sicherste Mittel, um nicht den Bach runterzugehen, richtungslos umher zu treiben? Um nicht vom Strom mitgerissen zu werden? Um die Kontrolle zu behalten, auch wenn sie noch so eingeschränkt ist? Dieser Haken trägt so zu einer Aesthetik des Überlebens bei, zu einer Form von individuellem, sozialem und politischem Widerstand, der bereits in anderen Werken von Gygi auftauchte. So bei den Zeltblachen, den monumentalen Airbags, den Schwimmern oder den Rettungsbooten. 2002 kreierte der Künstler ein Werk mit dem Titel «Sac avec grappin» (Sack mit Haken), der aus einem Rucksack bestand, in dem sich ein Seil mit einem Haken befand, als wollte der Künstler sein Publikum zu einem anderen, ungewohnten Lebensstil, zum Nomadentum auffordern. Kunst ist für Gygi ein Mittel des Widerstands, der Rebellion, aber auch des Überlebens in einer Gesellschaft, die er ablehnt. In diesem Sinn ist der Haken auch Symbol der Wechselwirkung von Schutz und Aggression.

Caroline Nicod