Edition 5 Erstfeld

„The best intentions are the biggest disappointments“

Anila Rubiku

„The best intentions are the biggest disappointments“
Bild vergrössern

Stickerei-Rahmen, Leinen, Baumwoll- und Seidengarn
Höhe ca. 45 cm, variabel; ø 32 cm
2006

€ 2500.-

„The best intentions are the biggest disappointments“

Anila Rubiku

Stickerei-Rahmen, Leinen, Baumwoll- und Seidengarn
Höhe ca. 45 cm, variabel; ø 32 cm
2006

€ 2500.-

Anila Rubiku, The best intentions are the biggest disappointments

Seit mit Echo die einzige Stimme verlorengegangen war, über die Arachne jemals verfügt hatte, gab es in der eisernen Stadt niemanden mehr, der ihr Fingeralphabet lesen konnte [...] – was die Weberin aber dachte, was sie empfand, wurde nun allein durch ihre Webbilder verständlich, deren Farbenpracht und Lebendigkeit in manchen Bewohnern Tomis eine heimliche Sehnsucht nach einer fremden Welt hervorriefen; [...]. (Christoph Ransmayr, Die letzte Welt, 1991)

Eingefasst durch das hölzerne Rund eines Stickrahmens schwebt die ‚Bildfläche’ über dem Grund. Die zierlichen Stiche der Stickerei markieren auf dem hellen Tuch eine Art Bild. Eine Frau beugt sich vorne über, Arme und Haare hängen zu Boden. Was auf den ersten Blick wie eine Entspannungsübung aussieht, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als Täuschung. Vielmehr trägt der schmale, etwas lasch wirkende Frauenkörper eine beachtliche Bürde, ein Objekt mit konischer, stumpfer Ausstülpung. Doch zugleich scheint dieses Gewicht den Körper nicht zu belasten, er steht seltsam immateriell zwischen den beiden Formen, wird von ihnen mehr eingefasst als zusammengepresst. Die dunklen Punkte um die Figur herum markieren einen Raum und verleihen der Szene etwas Bodenhaftung.

Wessen gute Absichten die grössten Enttäuschungen hervorrufen, lässt Anila Rubiku offen. Sie gibt keine eindeutige Lesart vor, lässt die Fäden der Assoziationsketten in beliebige Richtungen laufen. Sie spielt mit den Diskrepanzen, die sich zwischen Text und Visuellem öffnen, die in dem gestickten Bild selbst eingeschrieben sind, die das ganze Objekt hybrid erscheinen lassen. Ein Hauch von Tradiertem, von handwerklicher Fertigkeit, von Frauenarbeit schwingt in der Arbeit mit – Aspekte, die jedoch im selben Moment ihres Aufblitzens durch die unversehrte, perfekt geschwungene Form des Holzes, das makellose Hell des Stoffes, das gestickte Motiv wieder aufgebrochen, von anderen Facetten unterfüttert und durchzogen werden. So scheinen zwischen freier Fläche und Figur, Stickzwirn und Tuch, Rahmen und Fussplatte weitere Geschichten und Bilder, Fragen und Gedankenstränge verborgen zu sein, die sich beim Kippen und Aufrichten der bestickten Fläche, beim Drehen und Wenden, Betasten und Darüberstreichen langsam aus dem Objekt herauslösen.

Bei jedem Objekt innerhalb der Auflage variieren das Bildmotiv, die Materialien und Technik. Gleich bleibende Elemente sind der Stickrahmen und eine Art Stoff als ‚Bildträger’.

Irene Müller, 2007